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Erosive Osteochondrose

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Behandlungserläuterung

Die erosive Osteochondrose

Ursachen, Auswirkungen und Symptome

Im Laufe des Lebens kann eine Bandscheibe schrittweise einem Verschleiß unterliegen. Dies äußert sich häufig durch einen Bandscheibenvorfall. In seltenen Fällen kommt es jedoch zu keinem wirklichen „Austreten“ des Bandscheibengewebes, sondern quasi zu einem Zerreiben des Knorpels. Hierdurch verliert das Bandscheibenfach an Höhe, die Wirbelköper nähern sich an. Hierdurch „reiben“ die Wirbel manchmal fast aufeinander. Die angrenzenden Wirbelkörper bekommen eine massive Schwellung, welche auch in der MRT als leuchtend weißer Rand häufig sichtbar wird. Dieser Rand ist quasi eine schmerzhafte Schwellung der Wirbel, vergleichbar mit einer Entzündung jedoch ohne Eiter. 

Der Höhenverlust animiert den Körper ähnlich wie bei einem Wirbelgleiten dazu, diese Stelle durch Gegenmaßnahmen stabilisieren zu wollen. Die Wirbelkörper beginnen über Monate oder Jahre Knochenspangen zu bilden, die Bänder in und um den Wirbelkanal werden verstärkt, die hinter dem Wirbelkanal gelegenen Wirbelgelenke werden vergrößert (Facetten- und Flavumhypertrophie) ebenso wie die umgebenden Gelenkkapseln. Hieraus resultieren als Spätfolge dann auch häufig Arthrosen der kleinen Wirbelgelenke. 

Die meisten Patienten berichten fast ausschließlich über tiefsitzende Rückenschmerzen. Diese nehmen mit der Zeit an Stärke zu, so dass die Patienten häufig das Gefühl haben, förmlich auseinanderzubrechen. Morgens brauchen die Patienten teilweise Minuten bis Stunden, um in die Senkrechte zu kommen, durch Bewegung werden die Schmerzen etwas erträglicher. Sind sie dann jedoch zu lang auf den Beinen, können sie kaum noch Stehen oder Gehen. Vorbeugen und Aufrichten sind eine Qual, längeres Stehen ist unmöglich. Auch das Liegen wird nach wenigen Stunden immer schmerzhafter, das Drehen im Bett wird zu einer „Zerreißprobe“. Nimmt die Intensität weiter zu, kommt es dann auch immer wieder zu Ausstrahlungen in die Beine mit Kribbelmißempfindungen, selten auch Taubheit oder auch Lähmungen. 

In seltenen Fällen erreicht der Körper durch seine oben beschriebenen Umbauvorgängen eine Stabilisierung der erosiven Osteochondrose, so dass die beschriebenen Symptome stagnieren oder abklingen können. Unterstützend kann das weitere Fortschreiten manchmal auch durch intensives Rückentraining, durch Fitness oder Sport gestoppt werden. Im Gegensatz zu den meisten Rückenerkrankungen können jedoch auch schon geringste Übungen die Beschwerden ins Unerträgliche steigern, so dass jegliches Training sofort unterbrochen werden muss. Einzig Laufen und Radfahren werden dann manchmal noch als erträglich geschildert. 

Unterstützend kann Patienten mit einer Osteochondrose für leichtere Tätigkeiten im Haushalt oder Garten eine Lendenwirbel-Stützbandage (Lumbalbandage) verordnet werden. Durch äußere Schienung des Rumpfes fühlen sich einige Patienten sicherer und entlastet. Zudem sollte ein Therapieversuch mit sogenannten NSAR (Mittel wie Ibuprofen/ Diclofenac/ Indometacin) für einen begrenzten Zeitraum (4-6 Wochen) unternommen werden. Hierbei ist streng darauf zu achten, ob und welche Vorerkrankungen vorliegen. Patienten mit Bluthochdruck, Diabetes vor allem aber auch solche mit Nierenschwäche dürfen nur äußerst zurückhaltend oder gar nicht mit diesen Medikamenten behandelt werden (bitte weisen Sie Ihren Behandler auf diese Vorerkrankungen explizit hin!). 

Als letzte konservative Therapiemöglichkeit stehen CT-gesteuerte Infiltrationen zur Verfügung. Hierbei kann zum einen ein Medikament hinter die kaputte Bandscheibe in den Wirbelkanal gespritzt werden. Kommt der Hauptschmerz aus der Bandscheibe, sprechen die Patienten meist sehr gut auf die Spritze an. Zum anderen können aber auch gezielte Infiltrationen der Wirbelgelenke vorgenommen werden. Durch den Höhenverlust der Bandscheibe leiden viele Patienten nämlich zusätzlich unter einem Facettensyndrom. 

Kommt es bei Absetzen der Medikamente sofort wieder zu massiven Schmerzen und helfen die CT-gesteuerten Infiltrationen nur wenige Tage, muss eine operative Stabilisierung dringend in Erwägung gezogen werden. Natürlich ist auch hier die Vorgehensweise immer vom Allgemeinzustand beziehungsweise von den Vorerkrankungen des Patienten abhängig.

Wichtig ist bei der Diagnostik zunächst die MRT. Diese macht die „Schwellung“ des Knochens sichtbar. Auch kann anhand der MRT differenziert werden, ob die Osteochondrose frisch oder älter ist und ob sie noch aktiv ist (sogenannte aktive erosive Osteochondrose). Da Patienten häufig erst nach langer Leidenszeit den Spezialisten aufsuchen, kann auch eine Verlaufs-MRT ratsam sein. Kommt es nämlich zu einem „Ausheilen“ der Osteochondrose, kann dies in der MRT zu erkennen sein. Zusätzlich zur MRT ist die Anfertigung von Röntgenfunktionsaufnahmen ratsam, da hierdurch das vermehrte Abrutschen der angrenzenden Wirbel ausgeschlossen werden kann (Wirbelgleiten).

Zunächst sollten selbstverständlich jegliche konservativen Therapiemaßnahmen, welche das Tragen der Bandage, die Einnahme von entzündungshemmenden Medikamenten, intensive Krankengymnastik, manuelle Therapie, Fitness und Sport sowie auch CT-gesteuerte Schmerztherapie ausgereizt werden. 

Erst bei Versagen dieser Therapiemöglichkeiten ist eine Operation zu überlegen. Hierbei handelt es sich um eine Verblockung der angrenzenden Wirbel. Im Gegensatz zur klassischen Versteifung (Spondylodese) besteht je nach Lokalisation der Osteochondrose die Möglichkeit, eine schonendere Operationstechnik von vorne zu wählen (ALIF = Antero-Lateral Interbody Fusion). Hierbei wird etwas unterhalb des Bauchnabels linksseitig ein 6-7 cm langer Schnitt über den Bauchmuskeln gemacht. Man kann dann zwischen den Bauchmuskeln quasi unter der Haut ohne Eröffnung des Bauchraumes bis zur Wirbelsäule vorpräparieren. Von vorne ist es dann möglich, die defekte Bandscheibe vollständig zu entfernen. Es wird anschließend ein Abstandhalter (Cages aus PEEK oder Titan) in das Bandscheibenfach eingebracht. Um ein Herausrutschen des Abstandhalters zu gewährleisten und sofort „Ruhe“ auf die gereizten Wirbel zu bringen, wird zum Schluss eine Titanplatte von vorne auf die angrenzenden Wirbel geschraubt. Der große Vorteil dieser Methode liegt darin, dass im Gegensatz zur Versteifung von hinten die lange und sehr starke Rückenmuskulatur vollständig unberührt bleibt. Dies führt somit auch zu deutlich geringeren Schmerzen, weshalb die Patienten in der Regel schneller mobilisiert werden können. 

Ist eine Operation von vorne nicht möglich, ist auch in diesem Fall eine Entlastung des Rückenmarkkanals (Dekompression) mit der anschließenden Verblockung der Wirbel gegeneinander sowie eine Verschraubung mit einem Schrauben-Stab-System (Spondylodese mittels Fixateur interne) notwendig. 

Beispiele einer erosiven Osteochondrose

Lendenwirbelsäule Erosive Osteochondrose
Die Pfeile in der Abbildung markieren die weiße "Schwellung" des Knochens (MRT, T2).
Lendenwirbelsäule Erosive Osteochondrose
Der Pfeil in der Abbildung markiert den begleitenden Bandscheibenvorfall.